Mein neuer YouTube-Kanal: Qualitativ Forschen

Mit Online Dating hat das direkt nichts zu tun – aber es geht um genau jene Forschungsmethoden, die wir auch in unserer Untersuchung zu Datingplattformen angewandt haben.

Der Kanal richtet sich vor allem an Studierende und alle anderen, die neugierig auf Qualtitative Sozialforschung sind.

https://www.youtube.com/QualitativForschen

Qualitative Interviews am Telefon oder online durchführen – Informationen für Studierende

(Aktualisiert im Oktober 2020)

Angesichts der aktuellen Coronavirus-Pandemie habe ich für meine Studierenden an der Hochschule Luzern Informationen zusammengestellt, worauf man bei der telefonischen Durchführung von qualitativen Interviews achten sollte (einschliesslich Zoom, Skype o.ä.).

Ich habe die Infos auch über die QSF-L Mailingliste verteilt und sie sind bereits an verschiedenen Hochschulen und Universitäten in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Einsatz.

Vers. 0.2 (September 2020): aktualisiert und insbes. um Informationen zu Zoom ergänzt, als PDF oder Word-Dokument.

Vers. 0.1 (März 2020): die originale Version als PDF oder Word-Dokument

Die Dokumente stehen unter der CC 0 Lizenz (gemeinfrei), können also ohne jegliche Einschränkung weiter verwendet werden.

Informationen für Journalistinnen und Journalisten (und andere Interessierte)

In der letzten Zeit erhalte ich sehr viele Anfragen von Journalistinnen und Journalisten – so viele, dass ich sie leider nicht mehr alle beantworten kann.

Ich habe mir deshalb überlegt, hier eine kleine Liste mit Blogposts und anderen Publikationen zusammenzustellen, die vielleicht für Medienberichte über das Thema Online Dating interessant sein könnten. Aus diesen Texten darf gerne zitiert werden, bitte mit Angabe der Autorenschaft.

Zu neuen Dating-Apps:

– Blogpost “Tinder”

Zu Beziehungsidealen und Beziehungsformen im Online Dating:

– Blogpost “Glückliche Internetehen?”

– Blogpost “Liebe ist, wenn’s passt? Online Dating und die Ideologie des perfect match”

– Working Paper zur “Entstehung von Intimität im Internet”

Zur Spannung zwischen einem ökonomisch strukturierten Partnerschaftsmarkt und dem romantischen Ideal der Liebe

– Blogpost “The Romantic Entrepreneur oder: Wie liebt das unternehmerische Selbst?”

Zu den Schwierigkeiten des Übergangs online-offline:

– Blogpost “Körperwissen”

Tinder

Lange hat sich auf diesem Blog nichts mehr getan, sorry. Die empirische Forschung ist abgeschlossen. Wir sind aber immer noch an dem Thema dran, machen Vorträge, Publikationen, etc. Ich poste in der nächsten Zeit mal ein Update. Heute ein kurzer Kommentar zu Tinder.

Neue Dating Apps

Im Moment tut sich einiges auf dem Online Dating-Markt. Neue Apps machen den klassischen Dating-Portalen Konkurrenz. Ein sehr erfolgreicher Newcomer der letzten Monate ist Tinder.

Die Besonderheit von Tinder liegt vor allem in der Art und Weise, wie hier Kontakte zustande kommen: Die App präsentiert Bilder und Kurzstatements von potentiellen Partnerinnen und Partnern. Mit einer schnellen Touchgeste auf dem Smartphone entscheidet man, ob man prinzipiell Interesse an einer Person hat oder nicht. Erst wenn beide Personen wechselseitig Interesse bekundet haben, kann man Nachrichten austauschen.

Es ist nun offenbar gerade das spielerische Blättern in der vielversprechenden Katalogwelt von Tinder, was für viele den Reiz dieser App ausmacht. Hier werden die Prinzipien des modernen Massenkonsums auf die Sphäre der Intimbeziehungen übertragen. Man hat einen Katalog mit schönen bunten Bildern und wählt daraus aus, was einem gefällt. Wenn das gewählte „Produkt“ die Erwartungen nicht erfüllt, dann gibt man es eben zurück und sucht sich das nächste aus.

Ein Problem dabei ist: Um Zugang zu dieser bunten Bilderwelt zu bekommen, muss man erst einmal selbst ein Teil davon werden. Tinder verlangt, dass man sich selbst ins Schaufenster stellt und von anderen Nutzerinnen und Nutzern in der gleichen Weise bewerten und konsumieren lässt. Das kann dann schon mal zu emotional schmerzhaften Erfahrungen führen.

Tinder als Bewertungsspiel

Generell habe ich allerdings den Eindruck, dass es vielen Nutzerinnen und Nutzern von Tinder gar nicht in erster Linie darum geht, tatsächlich Leute kennenzulernen. Sie nutzen die App eher wie ein Computerspiel und haben vor allem großen Spaß daran, andere Menschen aufgrund von sehr oberflächlichen Kriterien zu beurteilen.

Darin spiegelt sich der Zeitgeist einer allgegenwärtigen Bewertungskultur in unserer Gesellschaft. Wir kennen das aus der Arbeitswelt, wo wir in Beurteilungs-, Zielvereinbarungs- und Feedbackgesprächen permanenten evaluiert werden, oder auch aus dem Studium, wo sich alles um Bewertungen und ECTS-Punkte dreht. Auch in den Medien ist das „Voting“ allgegenwärtig – beispielsweise in Casting-Shows oder beim Dschungelcamp (vgl. die Forschungen von Olivier Voirol zu diesem Thema). Tinder fügt sich nahtlos in diese Reihe ein.

Gerade für jüngere Leute kann es ja durchaus interessant sein, die eigene Wirkung auf andere mal in einem solchen Singlemarkt zu testen. Man sollte nur die Reaktionen, die man dann bekommt, auf keinen Fall mit persönlicher Zuneigung verwechseln, das wäre fatal.

Tinder und die amerikanische Datingkultur

Was man nicht vergessen sollte: Tinder kommt direkt aus der Datingkultur der amerikanischen Hochschulen, wo die App erfunden wurde. In den dortigen Colleges gibt es eine lange Tradition des eher unverbindlichen, spielerischen Datings. Dabei geht es vor allem darum, sich nach einer oft behüteten Kindheit zum ersten Mal sexuell ausprobieren.

Allerdings gehört zu dieser Datingkultur auch, dass alle Beteiligten wissen, dass sich daraus selten langfristige und ernsthafte Liebesbeziehungen ergeben. Man muss also irgendwann den Ausstieg finden, wenn man eine solche langfristige Beziehung anstrebt. In Deutschland ist diese Dating-Kultur noch nicht so verbreitet und deshalb auch nicht das Wissen um die Grenzen und Tücken dieser Art der Beziehungsaufnahme.

Hier noch ein kurzer Bericht im ZDF-Morgenmagazin zu Tinder mit einem (noch kürzeren) Statement von mir.

Glückliche Internetehen?

Sommerzeit = Liebeszeit. Bei mir zumindest häufen sich in diesen Monaten die Anfragen von Journalistinnen und Journalisten zum Thema Online Dating. Vielleicht liegt es auch am Sommerloch in den Nachrichtenredaktionen? Wer weiß.

Diesmal war es eine aktuelle Studie aus den USA, die die Aufmerksamkeit erregte. Beziehungen, die im Internet begonnen haben, seien stabiler und glücklicher, wurde da behauptet. Das war vielen deutschen Medien eine Meldung wert. Mich hat u.a. die dpa angefragt, der Bericht wurde dann an verschiedenen Orten aufgegriffen (Die Welt, Berliner Morgenpost, Amica…).

> Hier ein Radiointerview aus der Sendung “Forschungsquartett” von detektor.fm zum Anhören.

Was die zentrale Aussage der Studie betrifft, bin ich etwas skeptisch. Die gemessenen Unterschiede in der Beziehungsdauer und im “Marital Satisfaction Index” (so die wissenschaftliche Definition von “Glück”) sind sehr gering. Daraus abzuleiten, online angebahnte Beziehungen seien glücklicher als andere, erscheint mir doch sehr gewagt. Aber natürlich passt eine solche Feststellung gut in das Marketingkonzept von EHarmony – jenem Online-Dating-Anbieter, der tatsächlich hinter der Studie steckt, der aber in der Presseerklärung pikanterweise nirgends erwähnt wird.

Dennoch erscheint mir die Studie interessant. Methodisch ist sie recht sauber gemacht und die Publikation erfolgte in einem anerkannten wissenschaftlichen Journal. Insgesamt wurden fast 20.000 Personen (online) befragt, die in den USA zwischen 2005 und 2012 geheiratet haben. Rund ein Drittel gab an, den jeweiligen Partner bzw. die Partnerin im Internet kennengelernt zu haben. Dies ist eine wirklich erstaunliche Zahl die zeigt, dass das Netz heute weit mehr ist als eine Spielwiese für kurzfristige Affären oder One-Night-Stands. Vielmehr hat es sich auch für langfristige Liebesbeziehungen einen festen Platz neben den klassischen Orten des Kennenlernens wie Schule, Beruf oder Freundeskreis erobert. Und die Chancen auf eine glückliche Beziehung sind im Netz offenbar nicht kleiner als andernorts – vielleicht sogar geringfügig besser.

Bei der Interpretation der Ergebnisse muss man allerdings bedenken, dass die Studie recht spät im Beziehungszyklus einsetzt, nämlich bei der Heirat. Unsere eigenen Erkenntnisse zeigen, dass die größten Hürden einer Onlinebeziehung viel früher liegen. Sind diese Anfangsschwierigkeiten allerdings erst einmal überwunden, dann sehe ich keinen triftigen Grund, weshalb eine im Internet begonnene Beziehung weniger stabil und glücklich sein sollte als eine, die an einem anderen Ort ihren Ausgang genommen hat.